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Herkunft von äi/ou/oi

Im Niederdeutschen gab es eine Ent­wicklung vom Germanischen über das Altsächsische und Mittelniederdeutsche bis zum heutigen Plattdeutsch.

Die Doppellaute /ei/ und /ou/ des Alt­sächsischen entwickelten sich aus den germ. Diphthongen /ai/ und /au/. Aber die Musterwörter <heem> (heim) und <steen> (Stein) besaßen schon Einzel­laute infolge einer Monophthongierung.

Heutige /ei/ und /ou/ im Plattdeutschen entstanden zum Teil durch eine jüngere Diphthongierung in einer Wortgruppe, die auch solche Wörter einschließt, die mit entsprechenden im Oberhessischen vergleichbar sind.

Während sich die sprachgeschichtliche Entwicklung des altgermanischen Tier­namens <Kou> (Kuh) als /ko:/>/kou/ im Niederdeutschen einfach darstellen lässt, erscheint dies im Oberhessischen schwieriger: /ko:/>/kuo/>/ku:/>/kou/. Zum Vergleich darf engl. <cow> nicht fehlen: /ko:/>/ku:/>/kou/>/kau/.

<Koi> (Kühe) gehört zu <Kou> (Kuh). Infolge der Entrundung heißt der Plural aber <Käi> in oberhess. Randzonen, in Teilen des oberen Ostfränkisch und im Oberpfälzischen. Erhalten geblieben ist <Køy> (Kühe) bei Mellrichstadt, da im Bereich des unteren Ostfränkisch keine Entrundung der Zwischenform erfolgte.

Bei der betroffenen zentralhess. Wort­gruppe verlief die sprachgeschichtliche Entwicklung der Vokale anders als im Niederdeutschen. Trotz allem kommen die starken Diphthonge /ei/, /ou/, /oi/ in vergleichbaren Wörtern vor.

Gesprochenes plattdeutsches /ou/ wird im Weserbergland, in Mecklenburg und in anderen Teilen Norddeutschlands als <au> geschrieben, weil der Diphthong dort einen offenen o-Laut aufweist, der dem a-Laut nahe kommen kann.

Jedem oberhessischen Dialektsprecher müsste eigentlich auffallen, dass das oberhessische Wort <sois> (süß) fast dem niederdeutschen in der bekannten Bezeichnung "Seute Deern" entspricht.

Seit Jahrzehnten im Grundsatz bekannt ist der westmitteldeutsche Zusammen­hang bei der Entwicklung von /ei/, /ou/ und /oi/ im zentralen Hessisch.

Das Luxemburgische kennt neben /ai/, /au/, /oi/ noch zusätzliche Diphthonge, darunter auch /ei/ und /ou/. Zum Teil können die beiden zuletzt genannten Doppellaute an gleicher Stelle wie die "gestürzten" Diphthonge /ei/, /ou/, /oi/ im zentralhess. Großdialekt auftreten: <Béier> (Bier), <Bréif> (Brief), <déif> (tief), <Féiss> (Füße), <Fouss> (Fuß), <Houer> (Hure), <Houscht> (Husten), <Kéi> (Kühe), <Knéi> (Knie), <Kou> (Kuh), <léif> [leif] (lieb), <Méi> [mei] (Mühe), <Rou> (Ruhe), <schéissen> (schießen), <séiss> (süß), <Stéieren> (Stiere), <véier> (vier), <wéi> (wie), <zéien> (ziehen), <zou> [tsou] (zu).

Der Öffnungsgrad des silbischen [e] im luxemburgischen Doppellaut /ei/ dürfte tatsächlich dem halboffenen englischen entsprechen, zumal es noch die Lang­version /ä:i/ mit offenem e-Laut gibt. Folglich lässt sich luxemburgisch <éi> mit dem geschriebenen <äi> im Ober­hessischen gleichsetzen, während das <äi> /ä:i/ des Luxemburgischen in der neuen phonetisch orientierten Dialekt­schreibung als <èi> erscheinen würde (siehe auch Seiten 3.51, 3.54).

Ähnlich wie im Südhessischen heißt es <Brout> (Brot) und <schéin> (schön) im Luxemburgischen. Dort fehlt jedoch als Folge einer Kürzung der Doppellaut /ou/ in den Musterwörtern <Brudder> (Bruder) und <gutt> (gut). Außerdem wirkten sich Hebungen und Senkungen regional aus: <hunn> (haben), <mat> (mit), <Spuerkeess> (Sparkasse). Das südliche Moselfränkisch zwischen Trier und Völklingen kennt dieses komplexe Vokalsystem heute offensichtlich nicht mehr mit einer derartigen Ausprägung.

Neben der genormten Stimm­losigkeit aller weichen [b], [d], [g] tritt regional in Island eine Erweichung der stimmlos harten [p], [t], [k] nach Langvokal auf (vergleiche Seiten 4.64, 4.65, 4.66).


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