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Diphthongierung /
Monophthongierung

Beim bekannten Wort <hòem> (heim) im Donaubairischen, von Dialektologen auch "Mittelbairisch" genannt, entstand der zentrierende Langdiphthong durch Hebung des a-Lautes mit gleichzeitiger Diphthongierung. Demzufolge ist süd­bairisch <hàm> der ältere sprachliche Zustand, dem die Monophthongierung von /ai/ zu Grunde liegt. Die vielfach gebrauchte Eigenbezeichnung heißt im Mittelbairischen <Bòerisch> (Bairisch). Da der zentrierende Langdiphthong in offener Silbe im Wortinnern steht, wird der unsilbische Schwa-Laut traditionell als a-Laut interpretiert: "Boarisch". In den anderen Gebieten lautet die Eigen­bezeichnung der Sprache <Bàrisch>.

Zentrierende Diphthonge treten auch in den Basisdialekten Westfalens und des Rheinlandes auf. Derartige Doppellaute entstanden aus Vokalbrüchen im west­fälischen Münsterländer Niederdeutsch.

Das Helgoländer Friesisch entwickelte im Musterwort <Stéen> (Stein) und in etlichen weiteren Dialektwörtern einen zentrierenden Langdiphthong ohne die Einwirkung eines r-Lautes. Als hinteres Gegenstück entstand der zentrierende Diphthong <óe> mit betontem langen, fast geschlossenem o-Laut. Demzufolge bildeten sich solche Doppellaute durch Vokalbrüche nicht nur in den Sprach­räumen des Ober- und Mitteldeutschen heraus, sondern auch im Norden des deutschen Sprachgebietes.

In seinem Helgoländer Wörterbuch von 1909 verzichtete Theodor Siebs auf die Deklarierung von Doppellauten, schrieb aber dennoch mit Längezeichen. Neben den 3 deutschen Diphthongen kommen mehrere friesische Doppellaute vor. Im Gegensatz zur Laienschreibung gibt die angewandte ea-/oa-Schreibung nur die zentrierenden Diphthonge oder die bei einem Hiatus stehenden beiden Einzel­laute wieder. Bei Doppellauten konnte sich die Betonung gelegentlich ändern; in gleichen Wörtern wechselte sie vom 1. zum 2. Laut. Das bedeutet, dass die zentrierenden Diphthonge aufgrund der Länge des 1. Vokals in Einzellaute zer­fielen, zwischen denen dann die Silben­grenze beim Hiatus verlief. Ohne Regel aufzutreten schien die Entrundung der ö- und ü-Laute. Die im Auslaut hörbare r-Schwäche, von Siebs mit Punkt unter dem geschriebenen r gekennzeichnet, war bereits vorhanden.

Nils Århammar beschrieb 1991 die vor­handenen Laute des Helgoländischen. Bei den Vokalen fallen die zentrierten kurzen offenen ö- und ü-Laute auf. Die halbvokalischen i- und u-Laute als Vor- oder Nachschläge sind eine friesische Besonderheit. Hiatus-Schreibungen wie in der deutschen Schriftsprache sollten sich von der Darstellung zentrierender Diphthonge unterscheiden. In der Laut­beschreibung werden alle Diphthonge und Vokalverbindungen erkennbar, die lautschriftnah folgendermaßen lauten: <ai, au, oi - éu, íu, öi, òi, öu, ui, üi - ée, óe - ià, uà>.

Nachdem Germanisten zur Einsicht ge­langt waren, dass die zentralhessischen Doppellaute äi/ou/oi nicht direkt vom Germanischen abzuleiten sind, kam in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts der Begriff "gestürzte Diphthonge" auf. Es hätte eine Umstellung der mittelhoch­deutschen Doppellaute /ie/, /uo/, /üe/ durch einen sog. Sturz stattgefunden; als Ergebnis wären /ei/, /ou/, /eü/ in Hessen und Nassau entstanden. Heute gilt diese Spekulation als unrealistisch.

Die Herkunft der oberhess. Diphthonge äi/ou/oi wird auf Seite 3.58 behandelt. Dem westmitteldeutschen Zusammen­hang kommt bei der Entstehung dieser Doppellaute durch Diphthongierung die Schlüsselrolle zu.

Nicht nur bei "Pflug" (siehe Seite 8.86) taucht die Frage nach der Herkunft des Wortes auf, sondern auch bei dem als gemeingermanisch eingestuften "Teil". Oberhess. <Dèl> oder <Dàl> entstand durch Monophthongierung von <ei> im Mittelhochdeutschen. Andere Sprachen kennen dieses Wort ebenso. Das Verb <dealaigh> (teilen) des Gälischen steht in Verbindung mit dem bekannten engl. Begriff <deal>, dessen Wortbedeutung sich veränderte. Nachfolgende Formen ähneln den beiden im Oberhessischen: dän./norweg./schwed. <del>, niederl./ ndd. <deel>, litauisch/lettisch <dala>, slowen. <dél>, slowak. <diel>. Trotz­dem bestehen Zweifel, ob dieses Wort im Ursprung auf das Indogermanische zurückgeht.


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