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Aktuelle Situation

Nachdem die politische Vereinnahmung der Mundart durch den Staat ein Ende nahm, kam die auf den ersten Blick logisch erscheinende Lehrmeinung vom Zusammenhang zwischen der bäuer­lichen Lebensweise und dem ländlichen Dialekt auf. Wird die Landwirtschaft zurückgedrängt, sterbe der Dialekt auf dem Lande zwangsläufig aus. Obwohl Dialektologen aufgrund ihrer Kenntnis der Sprachgeschichte wissen, dass der regionale Dialekt kein Soziolekt einer sozialen Gruppe ist, hielten sie lange an dieser unzutreffenden Doktrin fest.

Die von Heimatkundlern zitierte Eigen­bezeichnung "baurisch" entstammt der gleichen Auffassung und wertet damit die Basisdialekte selbst ab. Den durch diesen Ausdruck bewusst angezeigten Gegensatz Stadt - Land stellten solche Leute heraus, denen die Abschaffung der politischen Glorifizierung des Land­lebens nicht in den Kram passte.

Basil Bernstein erkannte die schichten­spezifischen Sprachbarrieren bei seinen Untersuchungen in Englands Industrie­gebieten der Fünfzigerjahre. Diese viel zitierten Erkenntnisse lassen sich nicht ohne weiteres auf andere Länder über­tragen. Soziolinguisten sollten wissen, dass eine als eingeschränkt bewertete Sprechweise von Arbeiterkindern nicht mit regional strukturierten deutschen Dialekten gleichzusetzen ist. Hessische Lehrer sahen dies in der Zeit um 1968 offensichtlich anders.

Wenn aktive Kommunalpolitiker für die Erhaltung der Mundart eintreten, wäre es eigentlich begrüßenswert. Die Praxis in Mittelhessen zeigt aber, dass damit offenkundig auch Wunschvorstellungen lokaler politischer Repräsentanten ver­knüpft sein können. Insbesondere vor Wahlen entsteht dieser Eindruck beim Suchen von Wählerstimmen unter den Alten und Hochaltrigen auf dem Lande. Treten dabei Mundartschreibungen mit grotesk wirkendem Schriftbild zu Tage, lässt sich die wahre Absicht nicht mehr leugnen. Ein erfolgversprechender Ver­kauf von Mundart-Büchern des lautlich schwierigen Oberhessisch dürfte heute kaum noch im Vordergrund stehen.

Manche Dialektsprecher wollen gerne unter sich bleiben. Ein auch unbewusst angewandtes sprachliches Mittel hierzu ist der überhastete Neueinsatz. Durch zu schnelles Sprechen am Satzanfang kann ein überraschter Zuhörer nichts verstehen; der mittelhess. Großdialekt wird so zur Geheimsprache.

Ins Reich der Fantasie gehört der Aus­spruch, dass die Basisdialekte auf dem Lande nur als Muttersprache erlernbar seien. Eine derart törichte Auffassung führt unter den heutigen Bedingungen das Ende der ländlichen Volkssprache herbei. Auch Großeltern können ihren Enkeln die angestammte Sprechweise beibringen.

Bedeutende lautliche Unterschiede zur deutschen Schriftsprache verdeutlicht der folgende Spruch vieler mittelhess. Originalsprecher, die in den Vierziger­jahren geboren wurden: "Hochdeutsch in der Schule war meine erste Fremd­sprache!"

Der in den Basisdialekten existierende sprachliche Abstand zur Schriftsprache dürfte dazu geführt haben, dass die im 19. Jahrhundert Ausgewanderten nicht besonders daran interessiert waren, an der hochdeutschen Schriftsprache fest­zuhalten. In diesem Zeitalter sprachen die meisten Deutschen einen der zahl­reichen Basisdialekte, somit auch die in Amerika ansässig gewordenen Siedler. Verschiedene deutsche Mundarten sind hier und da noch anzutreffen, nicht nur in Pennsylvanien.


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