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Sonderzeichen

Zu den Laut-Buchstaben-Zuordnungen gehört die Hauptregel, dass jeder Laut, den man richtig und deutlich hört, mit dem ihm zukommenden Buchstaben zu bezeichnen ist. Das gilt gleichermaßen für die Verschriftung der Basisdialekte. Zusätzliche Einzel- und Doppellaute im Vokalsystem sowie die Konsonanten­schwächung sind nachvollziehbar dem bestehenden Regelwerk hinzuzufügen.

Eindeutigkeit hergestellt wird durch die Kennzeichnung der Langvokale mithilfe zusätzlicher Längezeichen. Durch diese konsequente Ergänzung verschwindet der wesentliche Mangel des deutschen Schreibsystems.

Ein mit den diakritischen Zeichen Akut und Gravis ergänztes Schreibverfahren muss die aus der Zeit des Spätmittel­alters stammenden Vokalsysteme alter deutscher Dialekte genau wiedergeben. Da die oberhessischen Diphthonge den englischen ähneln, bedeutet dies, dass sich die genormten englischen Vokale ebenfalls mit dem durch Längezeichen vervollständigten Schreibverfahren des Deutschen darstellen lassen.

Akut und Gravis geben gelegentlich die Haupt- und Nebenbetonung deutscher Wörter in Fachbüchern wieder, obwohl beide Zeichen viel zu wertvoll sind, um sie für diesen Zweck zu verbrauchen. Zur volkstümlichen Kennzeichnung der Buchstaben betonter Vokale verwendet werden heute der untergesetzte Punkt für kurze und der Unterstrich für lange Selbstlaute.

Eine neu eingeführte Laut-Buchstaben-Zuordnung, die in der Rechtschreibung von 1902 noch nicht bekannt war, ver­langt heute die ie-Schreibung für den langen i-Laut in deutschen Wörtern der Schriftsprache. Zur Abgrenzung davon müssen die zentrierenden Diphthonge <ïe> und <íe> im Oberhessischen ein Sonderzeichen erhalten. Geschriebenes mittelhochdeutsches <ie> bezeichnete einen zentrierenden Diphthong.

Da der offene i-Laut im Kurzdiphthong <ïe> wie im Englischen einen größeren Öffnungsgrad als der deutsche besitzt, kann er einem geschlossenen e-Laut in 2. Reihe (halb zentriert) ähneln.

Schon das Mittelhochdeutsche kannte den Gegensatz zwischen dem betonten offenen ë und einem betonten /e/ mit geringerem Öffnungsgrad. Wegen des auch im Oberhessischen feststellbaren Gegensatzes bei den Einzellauten wird der offene e-Laut ë als Kurzvokal mit übergesetzten Punkten markiert, wenn kein geschriebenes ä in Frage kommt.

Neben den beiden Längezeichen sowie den übergesetzten Punkten bieten sich bei Bedarf weitere Sonderzeichen an. Die untergesetzte "Cedille" steht beim Ich-Laut <çh> [ç] und beim s-Laut /š/ von <şp/şt>. Das in der Dialektologen-Lautschrift für offene Vokale benutzte "Ogonek" kann die Nasalvokale kenn­zeichnen: <ę> (siehe Seite 8.95).

Laut Aussprachenorm bildet immer die offene Vokalversion von e, i, o, ö, u, ü den Regelfall bei den kurzen betonten Einzellauten. Laienschreibern entsteht daraus oft ein Problem, weil es dieser Personenkreis offenkundig nicht weiß. So wird bei der Konjunktion "oab" (ob) von mittelhess. Mundart-Aktivisten die oa-Schreibung angewandt, obwohl der kurze o-Laut dem hochdeutschen ent­spricht. Der zum offenen o-Laut örtlich verdumpfte a-Laut der kurzvokalischen Präposition <ab> führt ebenfalls ohne Diphthongierung zur falschen Schreib­weise "oab" in Mittelhessen.

Schwankungen beim Öffnungsgrad des betonten kurzen o-Lautes beeinflussen die Dialektschreibung nicht. Sollte aber neben dem kurzen offenen o-Laut ein weiterer mit geringerem Öffnungsgrad betont auftreten, ist dieser Kurzvokal mit dem untergesetzten Hilfspunkt zu versehen. Wie im Rheinland kann ört­lich ein betonter geschlossener o-Laut mit dem offenen im mittelhess. Groß­dialekt nur dann konkurrieren, wenn er keine freie Variante darstellt. Beispiele: <Fọgs> (Fuchs), <Zọcker> (Zucker).

Nach dem Regelfall der Schriftsprache sind die langen é, í, ó, ú geschlossene betonte Vokale, die so ausgesprochen werden, wie man sie buchstabiert. Es gibt neben dem langen a-Laut mit dem größten Öffnungsgrad noch die offenen Langversionen è und ò im Oberhess.; ferner treten die langen geschlossenen ö- und ü-Laute sowie das lange offene /œ:/ im Niederhessischen auf.


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